Der Ferrari 458 Italia vereint filigranes Design mit brachialen Fahrleistungen. Die Fahreigenschaften überraschen – auf der Rennstrecke wie auf öffentlichen Straßen.Wenn Ferrari einen neuen Sportwagen vorstellt, sind die Erwartungen groß. Vielen gelten die Roten aus Maranello als Inbegriff von Rennwagen mit Straßenzulassung. Dabei besteht die Modellpalette der berühmten Marke mit dem springenden Pferd im Logo strenggenommen hauptsächlich aus klassischen GTs – wenn diese auch sehr potent sind: Der 612 Scaglietti ist ein 1,9 Tonnen schwerer Viersitzer mit 540-PS-Zwölfzylinder, der California ein 2+2-sitziges und 1,8 Tonnen schweres 460-PS-Frontmotor-Cabrio mit Klappdach. Selbst beim unbenommen sehr sportlichen 599 GTB Fiorano mit 620-PS-V12 handelt es sich um ein vergleichsweise großes (4,67 Meter lang) und nicht unbedingt leichtes (1,7 Tonnen) Fahrzeug.
Beförderung für
den Mittelmotorsportler
Am ehesten
Sportwagen im eigentlichen Sinn mit viel Leistung und wenig Gewicht war das
bisherige Einstiegsmodell F430. Den V8-Mittelmotorsportler gab es je nach
Version mit bis zu 510 PS und abgespeckten 1250 Kilogramm Leergewicht. Jenes
Modell beerbt nun der 458 Italia – nicht ohne in der hausinternen Hierarchie
preislich eine Stufe nach oben vorzurücken. Wo der neue Ferrari charakterlich
einzuordnen ist – mehr GT oder doch noch ganz purer Sportwagen –, klärt der
Fahrbericht.
Das Herz eines
jeden Ferraris ist der Motor. Im 458 schlägt es direkt hinter den Passagieren –
und zwar so schnell wie in keinem anderen Serienautomobil: Die Höchstdrehzahl
beträgt irrwitzige 9000 Umdrehungen pro Minute, 570 PS leistet der 4,5-Liter-V8
dabei. Das maximale Drehmoment beträgt 540 Newtonmeter. Die daraus
resultierenden Literleistungen von 127 PS pro Liter Hubraum beziehungsweise 120
Nm/L sind neue Bestwerte für Saugmotoren.
Formel-1-Technik
für die Serie
Hier fand dann
auch tatsächlich der vielbeschworene Transfer von der Formel 1 in die Serie
statt. Beispiele sind der kontinuierliche Phasenwechsel der Ein- und
Auslassnocken, der graphitbeschichtete Kolbenschaft und die vier Spülpumpen,
die überschüssiges Öl von der Kurbelwelle fernhalten und so die
innermotorischen Leistungsverluste verringern. Alles in allem wurde ein
riesiger Aufwand betrieben, an allen möglichen Stellen noch das eine oder
andere PS herauszukitzeln – wie gesagt, und alles ohne Aufladung.
Gerade deshalb
ist das Aggregat so einzigartig, so faszinierend, so berauschend: Beim Anlassen
faucht der Motor kurz auf, um dann im Leerlauf in den typischen
Ferrari-Singsang zu wechseln. Bis knapp vor 3000 Touren ist die Geräuschkulisse
zurückhaltend präsent, dann, plötzlich, verwandeln sich die drei Auspuffe in
Fanfaren. Mit zunehmender Drehzahl wird der Klang heller und lauter, bis
schließlich kurz vorm Begrenzer ein Formel-1-gleiches Kreischen die
Fahrerkabine erfüllt. Bei Vollgas durcheilt das Aggregat diese Tonleiter in
atemberaubender Geschwindigkeit, die Drehfreude des Motors ist einzigartig,
genau wie das aggressive Ansprechverhalten. Hier nur als Randnotiz: Der
Verbrauch wurde im Vergleich zum Vorgänger-V8 eklatant gesenkt, von 18,3 Liter
auf 13,3 Liter Super Plus je 100 Kilometer.
Im Spurt
unschlagbar
Verheiratet ist
der V8 mit einem 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe, das die Gänge in einer bis
dato unerreichten Geschwindigkeit wechselt. Weil Ferrari keine
Komfortgedenksekunde einprogrammiert hat, legt das Getriebe den gewünschten
Gang scheinbar bereits in dem Moment ein, in dem der Fahrer die Finger zur
Wippe bewegt. Perfekt. So stürmt der 458 dann gänzlich ohne Schubunterbrechung
los: 3,4 Sekunden nach dem Start ist Tempo 100 erreicht. Bis hier können die
härtesten Konkurrenten Corvette ZR1 und Porsche 911 Turbo noch mithalten,
während die gesammelte übrige Prominenz rund um Audi R8 V10, Mercedes SLS,
Nissan GT-R und Lamborghini Gallardo bereits die Rücklichter sehen. Wenige
Sekunden später müssen sich dann auch die beiden verbliebenen Sprinter hinter
dem Italia einreihen: Null bis 200 km/h in 10,4 Sekunden ist in dieser Klasse
Benchmark....
197 000 Euro
verlangt Ferrari für den 458 Italia – 27 000 Euro mehr als zuletzt für den
Vorgänger F430. Zugleich degradiert der Mittelmotorsportler den nun knapp 20
000 Euro günstigeren Klappdach-California zum neuen Basismodell.
Auch im Vergleich
zur Konkurrenz ist der Italia teuer: Lamborghini verlangt für den Gallardo 173
740 Euro, Mercedes für den SLS AMG 177 310 Euro. Ein Porsche 911 Turbo (145 871
Euro) oder Audi R8 V10 (142 400 Euro) wirken dagegen richtig günstig, die
Corvette ZR1 (135 990 Euro) oder gar der Nissan GT-R (81 800 Euro) sind ohnehin
echte Supersportwagenschnäppchen. Doch sei’s drum, der Preis spielt in dieser
Fahrzeugklasse ohnehin kaum eine Rolle: Wer heute zum Händler geht und einen
458 Italia bestellt, muss zweieinhalb Jahre warten – weil die Nachfrage so
enorm ist....
Quelle:www.focus.de